A bis F - Gedichte zu Ostern


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Richard Dehmel



Vor Ostern

Über frei Feld, mein Hund und ich,
die Frühlingsluft ist dunkel,
fern staut sich ein Gewitterstrich,
mein Teckel knurrt, er fürchtet sich.
Komm, Didel.

Er will nicht sehn die Himmelswand,
die Sonne sticht durch Wolken,
blendende Streifen ziehn durchs Land,
ein Scherben blitzt wie Diamant.
Komm, Didel.

Am Saum der Saat, von Stiel zu Stiel,
schleicht ungewiß sein Schatten,
ein Regen sprüht wie Mückenspiel,
die Tropfen flimmern ohne Ziel.
Komm, Didel.

Da: still! am Horizonte zuckt
der erste Blitz im Jahre,
ein kurzentschloßner Donner ruckt,
mein Teckel hat sich stumm geduckt.
Komm, Didel.

Richard Dehmel


Gustav Falke



Im Ostergarten

Nun grünt es hier und grünt es dort
und leuchtet auch um meinen Fuß
und grünt und blüht an jedem Ort,
ein erster goldner Ostergruß.

Nur fern am violetten Saum,
- der Schollenrauch umschleiert ihn -
wie einen Schatten, einen Traum,
seh ich zwei dunkle Flügel ziehn.

Gustav Falke


Ein Ostergesang an Deutschland

Auf deinen Armen lag ich,
ein hungerndes Kind.
Und du sättigtest mich;
und ich wuchs auf,
seliger Knabe,
träumevoll.
Wolke und Stern,
Blume und Baum
und der tanzende Schmetterling
waren Gespielen.

Dich liebte ich, Träumendes,
dich liebte ich, Blühendes,
dich liebte ich, Singendes.
Geschwister alle,
Kinder einer Mutter,
meiner Mutter.
Und ich wuchs auf,
wuchs wie ein Baum,
rollende Säfte
heiligen Lebens
in Wurzel und Wipfel.

Und stand nicht allein.
Neben mir,
um mich ein rauschender Wald.
Glut der Sonne oben
und fruchtender Regen,
horstende Adler in schwankenden Wipfeln.
Unten aber, in dichteren Strauchwerks
schützendem Dämmer
Gesang der Nachtigall.

Jetzt, da des Weltsturms Brausen
deinen ragenden Wald füllt,
lieb ich dich glühender,
lieb ich dich inniger noch.
Gewaltiges Schicksal
zerschmettert, was alt,
und schont nicht der jungen,
schwellenden Zweige,
wehe, sie sinken,
wehe, auch sie!
Und aus weinenden Wunden
fließt ihr brüderlich
Leben dahin.

Aber dein Wald steht.
Trotzend in Sturm und Kampf,
singt er sein Zukunftslied,
orgelhaft schwellend.
Singt
von siegendem Licht,
Singt
von siegender Kraft.
Und dein Wald steht!

Deutschland,
wie lieb ich dich!
Das Licht meiner Tage erlischt,
und mein sanftes Lied verhallt;
verweht wird die Spur deines Kindes,
das dir Liebe sang,
immer nur Liebe.
Du aber lebst
und treibst ragende Wipfel
aus dauerndem Schoß
ins heilige Licht.

Gustav Falke


Theodor Fontane



Ostertag 1848

Ich denke Deiner, Ostertag:
Ein Nebel über Schleswig lag,
Über Schleswig-Stadt, über Schleswig-Land -
Der Däne hielt uns wieder in Hand,
Er hielt Schloß Gottorp, er hielt die Schlei,
Unser kurzer Traum war wieder vorbei;
Ein Nebel über Schleswig lag,
Achtundvierzig, am Ostertag.

Und über die Stadt und über den Strom,
Die Glocken riefen in den Dom,
Und ehe das erste Lied erscholl,
Von Betern war die Kirche voll,
Betende Männer, betende Frau'n
In schwarzem Festkleid alle zu schau'n,
Dazwischen aber (bittre Not)
Leuchtende Punkte von Dänisch-rot.

Und bis an die Kanzel traten wir hin,
Zwischen Hoffen und Bangen ging unser Sinn,
Von Auferstehung der Geistliche sprach,
Wir hingen seinen Worten nach,
Seinem Wort von dem abgewälzten Stein,
Wir mischten viel Weltliches mit ein,
Wenn's Sünde war, es war nicht gewollt; - -
Horch, es donnert! wie dumpf es rollt.

Ein Ostergewitter? Es kann nicht sein,
Durch die hohen Fenster fällt Sonnenschein,
Er fällt, wie suchend, gedämpft und mild
Auf das eichengeschnitzte Altarbild,
Auf die zwanzigfeldrige breite Wand
Von Meister Brüggemann's eigener Hand,
Der Felder eines schwimmt wie in Gold, - -
Horch, zum zweiten, es donnert, es rollt.

Es rollt wie näher, die Fenster klirr'n,
Aller Blicke hinüber, herüber irr'n,
Es fragen die Augen bei Freund und Feind,
Ein Flüstern geht leise: "Was ist gemeint?"
Und ehe noch flüsternd die Antwort geht,
Vom Eingang her ein Zugwind weht,
Weit offen die Tür; was giebt's, was ist?
In das Mittelschiff tritt ein Dän'scher Hornist
Und in die Kirche hinein, vom Portal,
Bläst er Genralmarsch, Signal auf Signal.

Ein Rasseln, ein Lärmen. Still wieder das Haus,
Die rothen Punkte loschen aus,
Was deutsch in Schleswig wollte sein,
War wieder in Schleswigs Dom allein.
Und wie Hülfe suchend und Trost und Ruh,
Den Stufen des Altars drängten wir zu,
Dicht zu; der Geistliche aber spricht;
"Herr, Du bist unsre Zuversicht!
Da ist kein Jäger, der uns schreckt,
So lange uns Dein Fittich deckt,
Ob tausend fallen an unsrer Seit',
Du bist unser Schirm in jedem Streit.

Du stellst Deinen Engel an unsre Thür,
Uns zu behüten für und für,
Wir rufen Deinen Namen an,
Hilf uns, wie Du so oft gethan,
Zersplittre unsrer Feinde Spott,
Du bist unsre Burg, Du bist unser Gott,
Blende die Wächter, wälz' ab den Stein," -
Er schwieg. Wie Trommeln klang es herein,
Lustiger Preußischer Trommelschlag,
Heller Mittag über Schleswig lag,
Heller Mittag über Schloß und Schlei, -
Ostern war und das Land war frei.

Theodor Fontane


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